Blog – etwas Neues aus dem Internet

Mit neuen Programmen lassen sich Internetseiten ohne grosse Computerkenntnisse erstellen. Diese dabei entstehenden Werke ähneln einem Tagebuch und beginnen die Gesellschaft auch ausserhalb von Informatikerkreisen zu beeinflussen.

Von Peter Christener (11. Juli 2005)

In der Schweiz ist das Internet schon lange etwas Alltägliches. An der Arbeit schreibt man E-Mails, informiert sich auf der Seite einer Zeitung über die letzten Nachrichten oder sucht sich einen Zug beim SBB-Onlinefahrplan heraus.

Trotz der grossen Verbreitung des Internets, haben sich bis jetzt nur wenige daran gewagt, eine eigene Webseite zu erstellen. Leute mit umfangreichem Computerwissen arbeiteten zwar mit HTML, Webspace und FTP-Server an ihrem eigenen Internetauftritt, aber wer mit all diesen Begriffen nichts anfangen kann, hatte lange keine Chance für eine eigene Seite.

Mit neuartigen Computer-Programmen können nun auch technische Leihen Texte und Bilder im Internet veröffentlichen. Verständnis für die hinter dem Internet steckende Technik ist nicht mehr nötig. Was dabei herauskommt heisst Blog oder Weblog. Wer ein Blog schreibt und veröffentlicht ist ein Blogger.

Blog – eine Tagebuch im Internet

Das Wort Blog ist die Kurzform vom Englischen Weblog, das sich wiederum aus Web für Internet und Log für Logbuch zusammensetzt. Im Gegensatz zu einem Tagebuch stehen im Blog die neusten Beiträge nicht am Ende, sondern auf der ersten Seite. Älteres wird automatisch nach hinten geschoben, bis es am Schluss im Archiv landet.

Der Vergleich mit einem Tagebuch weist auf eine weitere Eigenschaft der Blog-Programme hin: die Internetseite werden in kleinen Portionen erstellt werden und immer wieder aktualisiert. Es ist nicht mehr notwendig, die ganze Seite in einem Male fertig zu bauen, was die Schwelle zum Einsteigen nochmals senkt.

Im Eingabebereich der Blog-Programme lassen sich Texte schreiben ähnlich wie in einem E-Mail-Programmes oder in Microsoft Word. Sobald der Beitrag mit Text und Bilder fertig gestaltet ist, klickt man auf den Knopf „Veröffentlichen“ und schon nach wenigen Momenten steht das Neuste auf dem Internet zur Verfügung. Wer einmal ein paar Beiträge geschrieben hat, findet auch schnell heraus, wie Bilder eingefügt werden können oder wie man direkt vom Handy aus die Beiträge schreiben kann.

Blog – eine Revolution aus dem Internet ?

Das älteste Blog-Programme wurde 1999 von blogger.com aufs Internet geschaltet. Die ersten Blogs waren Tagebücher im klassischen Sinne, meist von Frauen geschrieben auf Seiten mit rosarotem Blümchenmuster veröffentlicht. Schon bald merkten aber die Schreiber, dass mit einem Blog mehr erreicht werden kann. Sie begannen ihre eigenen Ideen und Weltanschauungen publik zu machen und schrieben nicht mehr nur über persönliche Themen, sonder auch über Politik und die Gesellschaft.

Die Zeitungen mit ihren Chefredaktorkolumnen und Leserbriefseiten sind nicht mehr die einzige Meinungsmacher, denn mit Hilfe der Blogs kann jeder zur gesellschaftlichen Meinungsbildung beitragen. Besonders im letzten Wahlkampf für die Präsidentschaftswahlen in den USA zeigte sich die Bedeutung von Blogs mit politischen Themen, denn das Internet wurde nach dem Fernsehen zum wichtigsten Informationsmedium für die Meinungsbildung und überholte somit das Radio.

Eine Ergänzung zu Zeitung und Fernsehen

Blogs sind keine Konkurrenz zu den klassischen Medien, sondern eher eine Ergänzung. Kaum ein Blogger würde sich die Mühe nehmen, den Inhalt einer Zeitung versuchen auf seinen Seiten nachzuahmen. Seine Stärke liegt viel eher im Kommentieren und Vertiefen der Beiträge in klassischen Medien. Die Seite bildblog.de kommentiert zum Beispiel nur die Beiträge der Bild – der grössten deutschen Boulevardzeitung. Solche Watchblogs schauen den Zeitungsjournalisten mehr und mehr auf die Finger. Anders als bei Leserbriefen hat die Redaktion keine Möglichkeit mehr, die Veröffentlichung von Kritik zu kontrollieren. 

Blogger verbreiten auch Nachrichten und sind dabei oft schneller als jedes andere Medium. Beim Attentat auf die Londoner U-Bahn waren schon eine Stunde nach der Explosion der Bomben über tausend Blog-Beiträge geschrieben. Viele zeigten Bilder, die mit Mobiltelefonen aufgenommene wurden, eines davon war sogar auf der Titelseite von BBC-News zu sehen. Im Gegensatz zu den Zeitungen ist bei grossen Ereignissen immer ein Blogger vor Ort, der das Geschehen sofort kommentiert – da war auch bei der Tsunamikatastrophe in Südostasien nicht anders. Das geordnete Sammeln und Gewichten der Nachrichten des Tages dürfte aber auch in Zukunft eine Aufgabe von Tageszeitung und Fernsehen bleiben. Blogger schreiben selten über mehr als zwei drei Themen pro Tag.

In der Schweiz noch am Anfang

In der Schweiz gibt es ca. dreihundert Blogs, die regelmässig mit neuen Einträgen ergänzt werden. Die meisten Blogs werden von Informatiker oder Medienschaffenden betrieben. Neben eigentlichen Tagebüchern mit Bildern sind Computertechnik, Medien, Internet oder Politik die Hauptthemen der Internetseiten. Eine gute Übersicht liefert die Seite blog.ch.

Die Blogszene in der Schweiz wächst langsam. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass die meisten Leute eine Freizeitbeschäftigung in der freien Natur der Unterhaltung am Computer bevorzugen. Die grossen städtischen Gebiete in den USA oder in Frankreich und Deutschland scheinen besseren Nährboden für Blogs zu sein. Dort sind die Internetseiten neben einem willkommenen Zeitvertreib auch eine Möglichkeit die Anonymität der Ballungsräume zu überwinden.

Vielleicht verleihen die nächsten Wahlen im Frühjahr 2006 der Schweizer Bloggerszene einen Aufschwung. Wer sich bis dann schon mal fit schreiben will, findet bei blog.ch oder bei blogger.com die richtige Starthilfe und kann schon mal mit Berichten über den letzten Sonntagsausflug seine Freunde auf dem Laufenden halten.